24.03.2020
In einer bisher einzigartigen Aktion stellt die österreichische Datenschutzbehörde ihre Rechtsansicht zu verschiedenen Aspekten der Einschränkung des Datenschutzes während der Bekämpfung der Covid-19 Pandemie zur Verfügung: Ohne an der grundsätzlich besonderen Schutzwürdigkeit von Gesundheitsdaten zu rütteln ist die aktuelle Situation eine ausreichende Rechtfertigung für eine vorübergehende Aufweichung des Datenschutzes aus strategischen gesundheitspolitischen Interessen des Staates.
Arbeitgeber sind im Rahmen der umfassenden Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter gehalten, allfällige Corona-Testergebnisse festzuhalten. Damit kommen sie in die Lage, den Schutz anderer Mitarbeiter zu gewährleisten, sofern positive Testergebnisse einlangen. Ebenso können und müssen sie - zeitlich befristet - die private Erreichbarkeit ihrer Mitarbeit feststellen, um im Fall des Falles Fürsorgemaßnahmen und Meldepflichten wahrnehmen zu können.
Nutzen Sie bitte den u.a. Link und lesen Sie den gesamten Text auf der Homepage der DSB. Die DSB bietet folgende Unterlagen zum Download an:
Quelle:
https://www.dsb.gv.at/informationen-zum-coronavirus-covid-19-
(24.3.2020)
Wie schon in der Klienteninfo Nr.3 beschrieben, gibt es in Deutschland eine lebhafte juristische Diskussion über die Zulässigkeit von Abmahnungen auf der Basis des Wettbewerbsrechtes, wenn ein Unternehmen auf seiner Website keine Angaben zum Datenschutz macht. Mit Urteil aus Hamburg vom 25. Oktober 2018, 3 U 66/17 hat sich erstmals ein deutsches Oberlandesgericht mit der Frage der Zulässigkeit von Abmahnungen im Zusammenhang mit dem Datenschutz beschäftigt. Die salomonische Generalaussage des Urteils: Datenschutzvorschriften, die sich auf den Wettbewerb auswirken, sind abmahnfähig; andere hingegen sind es nicht. Eine taxative Aufzählung, welche Bestimmungen des Datenschutzrechtes bzw. welche Daten vom Gericht als "marktverhaltensregelnd" angesehen werden, gibt das Urteil zwar nicht, jedoch schließt es einen Bereich dezidiert aus: Gesundheitsdaten haben nichts mit Wettbewerb zu tun.
Das Oberlandesgericht Stuttgart kommt in seinem Urteil v. 27.02.2020 - Az.: 2 U 257/19 zu einem ähnlichen Ergebnis. Nach ausführlicher Erläuterung der Rechtsgrundlagen kommt das Gericht zum Schluß, dass wettbewerbsrelevantes Verhalten eines Unternehmens durchaus mit einer Abmahnung "verfolgt" werden kann. An der Feststellung des OLG Hamburg vom 25. Oktober 2018, wonach Gesundheitsdaten nicht wettbewerbsrelevant sind, hat sich nichts geändert. Auf Gesundheitsberufe in Deutschland hat daher die jüngste Entscheidung des OLG Stuttgart keine nennenswerten Auswirkungen.
Das belangte Unternehmen kann im Rahmen der Diskussion natürlich Mutmaßungen darüber anstellen, ob Datenschutzhinweise das Kaufverhalten von Kunden zu beeinflussen in der Lage wären. Objektive Wirkung kommt solchen Überlegungen jedoch erst zu, sobald sie von einem Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung anerkannt und mit hoheitlichem Anspruch versehen worden sind. Das OLG Stuttgart arbeitet jedoch mit einem sehr weiten Verständnis von "marktrelevant", womit auch Datenschutzerklärungen grundsätzlich abmahnfähig bleiben bzw. zivilrechtlich eingeklagt werden können.
Wesentlich an dem Urteil ist auch, dass es die ordentliche Revision ausdrücklich zuläßt, weil die juristische Diskussion zum Thema bei Weitem nicht abgeschlossen ist:
"Die Revision ist zugunsten des Beklagten unbeschränkt zuzulassen. Der Rechtsstreit wirft Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Sowohl die Frage, ob Wirtschaftsverbänden eine Klagebefugnis zusteht als auch die Frage, ob es sich bei Artikel 13 DSGVO um Marktverhaltensregeln handelt, wird im Schrifttum lebhaft diskutiert."
Der Begriff "Wirtschaftsverbände" bezieht sich auf UWG §8 Abs.3 Zi 2, der
"rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt"
das Recht zuerkennt, namens ihrer Mitglieder einzuschreiten, wenn Wettbewerbsverzerrungen vorzuliegen scheinen. Im übrigen wird der Verband jedoch im Einzelfall erklären müssen, weshalb er zum Einschreiten berechtigt ist.
Quelle:
https://www.datenschutz.eu/urteile/Oberlandesgericht-Stuttgart-20200227/
(24.3.2020)
Ende Juli 2019 hat der EuGH entschieden, dass jeder, der mit seinem Webauftritt auch Social-Media-Plattformen nützt, gegenüber den Nutzern seiner Seite eine Mitverantwortung für den Datenschutz übernimmt, den diese Plattformen bieten - oder eben nicht bieten. Wir haben darüber in unserer Klienteninfo Nr. 6 berichtet.
Im Jänner 2020 ziehen erste Behörden in Deutschland die (durchaus gravierenden) Konsequenzen und löschen ihre Auftritte auf Social-Media-Plattformen. Dies durchaus im Bewußtsein dessen, dass es z.B. für Facebook-Auftritte keinen adäquaten Ersatz gibt, der juristisch unbedenklich ist und gleichzeitig annähernd den gleichen Verbreitungsgrad besitzt. Den Anfang machte - so der Deutsche "Tagesspiegel" - der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink. Seine Begründung: Er könne nicht Datenschutzbeauftragter und somit Aufsichtsbehörde sein und gleichzeitig Nutzer eines womöglich datenschutzrechtlich problematischen Netzwerks. Kurze Zeit danach wurde bekannt, dass sowohl der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) als auch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) ihre Social-Media-Aktivitäten prüfen.
Bleibt zu hoffen, dass diese konsequente Haltung Schule macht und sich auch in anderen Mitgliedsstaaten durchsetzt. Die aktuell lebenswichtigen Maßnahmen zur Bekämpfung des Covid-19 Virus lassen den Datenschutz ein wenig in den Hintergrund rücken. Es wird jedoch "eine Zeit danach" geben, in der wir uns alle wieder stärker mit den Grund- und Freiheitsrechten und auch mit dem Datenschutz beschäftigen müssen.
Quellen:
https://www.tagesspiegel.de/themen/agenda/unklarheit-ueber-datenschutz-und-meinungsfreiheit-behoerden-ziehen-sich-aus-sozialen-medien-zurueck/25393444.html
(24.3.2020)
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=216555&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1
(29.7.2019)
In zahlreichen Stellungnahmen ab Februar 2020 setzt sich der italienische Datenschutzbeauftragte mit der Frage auseinander, ob die aktuellen Einschränkungen des Datenschutzes für die Bekämpfung der Covid-19 Pandemie zulässig wären. Grundsätzlich erteilt Antonello Soro den Maßnahmen der Regierung seine Zustimmung, legt aber Wert darauf, dass alle Einschränkungen zeitlich begrenzt werden müssen.
Im übrigen hat sich die Europäische Kommission vor wenigen Stunden in ähnlichem Sinn geäußert.
Quelle:
https://www.garanteprivacy.it/
(24.3.2020)